Freitag, 14. Oktober 2011

Der Herbst ist da und mit ihm das Törggelen im Südtirol


Es ist die Zeit, auf die sich so manche(r) das ganze Jahr über schon freut. Wenn wieder langsam der Herbst ins Land zieht, ganz besonders wenn es so ein schöner ist wie bisher. Und spätestens, wenn die Kastanien reif und die meisten Weintrauben geerntet sind - dann ist wieder Törggele-Zeit!



Wer die nächsten Tage an der Südtiroler Weinstraße vorbeikommt, wird hautnah Zeuge wie gerade Trauben, Äpfel und sonstige leckere Obstsorten geerntet werden. Besonders die Trauben sind es, die Grund für eine der bekanntesten Traditionen des Südtirols sind. 

Der Name "Törggele" leitet sich von der Torggel (lat.: "torquere" - pressen, drehen usw.) ab, der Traubenpresse im Kelterraum. Das Wort (lat.) "Torculum" heißt soviel wie Kelter - auf südtirolerisch "Torggl".

Als Ursprungsgebiet gilt das Eisacktal, in dem eigenartigerweise gar nicht so viel Weintrauben angebaut werden - und auch nie wurden. Es wird erzählt, dass früher eisacktaler Bauern, die Wein anbauten und ihre Tiere auf die Weiden der Bergbauern schickten, sich mit einem herbstlichen Bauernschmaus und dem neuen Wein revanchierten. 

Zum Kosten des neuen Weines stieg man in den Kelterraum, also jenen Raum, in dem die Weinpresse, die "Torggl", stand. Zur geselligen Runde hat man sich dann in die Stube gesetzt. Das Törggelen als Abschluss eines quasi Tauschhandels. 


Törggelen ist heute deshalb für so viele ein schönes Erlebnis, weil da Wandern und eine leckere Mahlzeit vereint werden. Beim Wandern durch das besonders im Herbst wunderschöne Südtirol wird der Appetit geholt, der dann beim gemütlichen Törggelen gestillt werden kann. 

Die Speisen in den meisten Buschenschänken und Landgasthäusern sind traditionell und natürlich ähnlich zusammengestellt. Typisch für eine Törggele-Mahlzeit sind der süße Most (Suser) als Getränk zu einer kräftig-deftigen Hauptspeise sowie der Abschluss mit gerösteten Kastanien ("Keschtn") und eventuell süßen Krapfen.

Als Alternative zum "Susen", gibt es auch den "Nuien" oder einfach nur einen guten Vernatsch. Für jene, die es noch gehaltvoller wollen, liegt meist auch ein Fläschchen Lagrein, Merlot oder Cabernet im Keller. Der  "Suse" ist der Most des zukünftigen Weines mit höchstens 1 Prozent Alkoholgehalt, der "Nuie" ist schon die nächste Stufe in der Weinproduktion. 

Egal, für welches Getränk Sie sich auch entscheiden, für Geniesser gibt es nichts Schöneres, als dazu noch frisch geröstete Kastanien zu naschen. Ein schmackhafter Brauch, den man sich nicht entgehen lassen sollte.




Die Kastanie selbst ist im Alpengebiet schon seit der Vorrömerzeit bekannt. Erste Nachweise über den Anbau von Kastanien gehen auf die Langobardenzeit (um 600 v. Ch.) zurück. Und als der Weinbau im Mittelalter wieder eine Hochblüte erfuhr, wurde auch der Handel mit Kastanienholz immer wichtiger. 

Die Verbreitung und Aufwertung der Kastanie ist mit grosser Wahrscheinlichkeit den Klöstern zuzuschreiben. So stammen die "Kestn-" bzw. "Fiseilnsupp", eine Suppe aus Kastanien und Bohnen, ursprünglich aus Klosterküchen - es waren früher beliebte Fastenspeisen. 

Und da die bajuwarischen Prälatenklöster im Mittelalter ausgedehnte Weingüter in Südtirol ihr eigen nannten, um dort sowohl Messwein, als auch "Zechwein" zu produzieren, ist es  nicht verwunderlich, dass die kulinarisch aufgeschlossenen Benediktiner bald die Kombination von gebratenen Kastanien und jungem Wein wieder entdeckten und pflegten.

Wofür wir ihnen noch heute ganz besonders dankbar sind :o)



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